Homestory

M:
Einige Titel sind mir sehr wohl bekannt. Die habe ich auch schon öfter zum Test benutzt, aber ich denke, wir müssen uns mal alle etwas genauer anhören. Hast Du Dich auch weiter mit Optimierungen beschäftigt?

E:
Ja natürlich habe ich nicht bei der Anlage aufgehört. Schließlich ist der Raum ist eine der wichtigsten Komponenten einer jeden High End Anlage und wird von vielen sträflich vernachlässigt. Bis 500 Hz bestimmt der Raum den Klang, erst danach dominieren in der Regel die elektronischen Komponenten.
Moderne Räume mit harten Wänden, Steinböden oder Fliesen und großen Glasflächen können den Klang auch noch weit oberhalb der 500 Hz negativ beeinflussen.

Meistens steht neue Hardware hoch im Kurs um sich zu verbessern, dabei ist eine Investition in Akustik meist x-fach wirkungsvoller.

Die meisten Anlagen stehen in Wohnzimmern, was an sich auch wirklich prima ist, da man dann die Musik im Zentrum des täglichen Lebens hat, jedoch sieht es dann mit dem Einsatz akustischer Maßnahmen eher mau aus. Die wenigsten Maßnahmen erreichen einen positiven WAF (Woman Acceptance Factor).

Ich habe für mich deshalb den Weg eines separaten Hörraums gewählt. In "The Man´s Cave" wird dann das Hören zum Event.

Mein Hörraum besteht rundherum aus Beton und Fließen auf dem Boden. Da klingt erstmal jede Anlage ab 5 Watt Lautstärke grausam und schrecklich. Ich habe deshalb mit unterschiedlichen Typen von Schallabsorbern den Raum akustisch auf Vordermann gebracht. Praktisch bedeutet das, es wird akustische Energie vernichtet. Als Waffen dienen mir Bassabsorber in allen 4 Ecken, Plattenabsorbern für den Hochton an den Wänden (Spiegel- Trick) und an der Decke sowie Diffusoren an der Rückwand. Auf diese Weise bin ich dem akustischen Ideal bzgl. Nachhallzeit schon sehr nahe gekommen.

Bezüglich des Frequenzgangs bin ich bis auf eine gewaltige Mode von +27 dB ( +6 dB ist je eine Verdoppelung der Lautstärke) und eine Auslöschung bei 50 Hz (-10 dB), recht linear.

Solange in keine musikalischen Anteile in diesen Frequenzen ankommen, ist alles gut. Das heißt: Klassik z.B. kein Problem, Double Bass auch nicht. Jedoch z.B. die tiefen Bass Drums machen da oft Probleme. Diesen begegne ich dann offen mit digitaler Signalverarbeitung. Jedoch Vorsicht, ein Equalizer löst hier die Probleme meist nur unzureichend. Ich nutze aber auch manchmal doch zusätzlich einen schmalen Filter.

Auf diese Weise kann ich wirklich auch sehr laut hören. Auch bei höheren Lautstärken bleibt alles super. Details werden fantastisch präzise wiedergegeben. Auch wenn die Bass Drum schwingt, wenn man beim Double Bass noch das Knarzen und Schnarren der Finger auf den Saiten hört und wenn räumliche Abbildung dazu führt, dass man über das Publikum im eigenen Raum erschrickt, ist die Wiedergabe frei von ungewollten Reflexionen und stehenden Moden (Überhöhende Wellen) und Nodes (akustisch bedingte Auslöschungen).

M:
Das hört sich sehr interessant an. Diese Themen werden wir sicherlich auch nochmal an anderer Stelle aufgreifen. Da kannst Du dann mit Rat und Tat uns zur Seite stehen. Du hast auch von digitalem Fine-Tunig gesprochen. Was machst Du da genau?

E:
Hier benutze ich eine Do-it-yourself Messung. Diese erfolgt mit dem iPhone und einigen Analyse-APPs für die Messung von Frequenzgang (FFT) und Schalldruckpegel (SPL). Die zum u.a. Micro passende App ist mit integriertem Signalgenerator (Sinus, Rosa Rauschen, weißes Rauschen) ausgestattet.

Ich nutze zum Messen ein Miniatur-Aufsteckmikrofon für das iPhone/iPad von Apple. Dieses ist ein vollwertiges Messmikrofon zertifiziert nach IEC 61672 Klasse 2 für z.B. Akustikmessung (Frequenzen, Pegel).





Hierzu gab es auch am 17.04.2013 einen passenden Artikel in AUDIO über diese sehr preiswerte Mic/App- Kombi und die Anleitung zum Messen.

Ich bin der Meinung, die digitale Raumkorrektur ist die Innovation schlechthin. Manche Hersteller von Verstärkern oder Aktivboxen messen ja schon am Markt gängige Lautsprecher bzgl. Zeitverhalten und korrigieren dieses.

Das bringt schon was, lässt aber den Raum an sich außen vor. Andere Hersteller wählen da einen anderen Ansatz und messen erst im Hörraum und korrigieren somit die reale Situation incl. Moden etc. Dies macht auch Amarra mit iRC.

Bei aller Freude jedoch ist Vorsicht geboten, jeder Eingriff ist mit sehr viel Feingefühl vorzunehmen. Das ist nichts für Grobmotoriker. Wer nämlich glaubt, große Akustikprobleme rein digital korrigieren zu können, wird sich wundern, wie schnell sich da alles verschlechtert. Die Musikalität ist schnell dahin, weil die Rechner permanent mit dem Filter- Berechnen beschäftigt sind.

Nach meiner Erfahrung sind digitale Eingriffe nur dem absoluten Feintuning vorbehalten, d.h. dann wenn der Raum schon akustisch relativ gut ist.

M:
Wenn ich Dich richtig verstehe, hast Du nach dem physikalischen Optimieren sehr viel Aufwand in die Optimierung der digitalen Stellschrauben investiert? Wie sieht denn dieses Tunen genau aus?

E:
Das möchte ich gern mal anhand einer Grafik erklären.


Diese Grafik einer Messung mit Amarra-iRC in meinem Raum zeigt sehr deutlich, dass ich eine schwierige Akustik unterhalb von 100 Hz habe (blaue Linien für linken und rechten Kanal). Ich habe auf Basis einer solchen 9-Punkte-Messung verschiedene Korrekturkurven erzeugt (rote Linie) und dann die berechneten Filter abgespeichert. Online kann man jeweils 4 Filter gleichzeitig anzeigen und zwischen ihnen umschalten.

Die Software ermöglicht auch noch die optimierte Sprungantwort, das sind dann die Zeitverzögerungen beim Ansprechverhalten der unterschiedlich großen Treiber, anzuzeigen, die kompensiert werden können.

Ich benutze in meinem Fall primär ein Filter, bei dem die gesamte Korrektur- Berechnung auf max. 500 Hz begrenzt ist. Darüber bleibt alles Original. Dies hat sich bei mir bewährt, damit habe ich die besten Erfahrungen gemacht.
Bei Klassik schalte ich die Filter manchmal aber auch ganz aus oder höre mit Pure Music.